Am 20. Mai besuchten eine Gruppe von 9 Planegger Gemeinderatsmitgliedern, darunter zwei aus der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie fünf weitere Teilnehmer die ländliche Gemeinde Fuchstal im Kreis Landsberg. Fuchstal ist eine Verwaltungsgemeinschaft der separaten Gemeindeteile Leeder, Seestall und Asch und hat insgesamt etwas mehr als 4000 Einwohner.
Seit Jahren investiert die Gemeinde massiv in erneuerbare Energien. Mittlerweile hat Fuchstal dafür Weltruf erlangt und Delegationen aus verschiedenen Ländern geben sich dort die Klinke in die Hand, wie jüngst aus Togo und Tunesien. Wesentlicher Treiber der Energiewende vor Ort ist der seit 20 Jahren amtierende Bürgermeister Erwin Karg, von dessen Initiative, Macherqualität und Durchsetzungsfähigkeit wir uns vor Ort überzeugen durften.
Laut einem SZ-Artikel vom 11. März 2022 hat Herr Karg sich u.a. den Spitznamen „Allgäuer Büffel“ erworben. Er wird wie folgt zitiert:
„Wenn Sie als Bürgermeister keine Feinde haben, dann sind Sie als Bürgermeister ein völliger Versager. Oder ein Verwalter, und verwalten halt den Rückschritt.“
Der besagte SZ-Artikel sei besonders allen zur Lektüre empfohlen, die ermessen wollen, wieviel Härte, Kreativität und Entschlossenheit notwendig sind, um in Bayern Windräder durchzusetzen.
Der bemerkenswert direkte Herr Karg legte mit seiner Begrüßung gleich ein Grundproblem von eher urbanen Gemeinden offen, wie sie z.B. im Speckgürtel von München zu finden sind: Den Flächenmangel. Er erklärte, dass Fuchstal mit 40 Quadratkilometern über die vierfache Fläche von Planegg verfüge. Um eine Energieautarkie mit erneuerbaren Energien zu erreichen, bräuchte es laut Karg mindestens 20 Quadratkilometer.
Hinzu kommt im Fall von Fuchstal noch die viel geringere Einwohnerzahl. Immerhin verfügt die Verwaltungsgemeinschaft über mehr als die 10-fache Fläche pro Einwohner wie unsere Gemeinde. Für die Gewinnung erneuerbarer Energien aus Wind, Sonne und Biomasse gilt vor allem: sie benötigen viel Fläche!
Somit kann Fuchstal nicht als allgemeingültiges Modell für angestrebte Energieautarkie gelten, was aber die Leistung von Herrn Karg nicht schmälert, denn es gibt viele kleine ländliche Gemeinden in Deutschland mit ähnlich viel Fläche pro Einwohner aber unseres Wissens kein solches Musterbeispiel wie Fuchstal.
Fuchstal setzt auf drei Säulen der erneuerbaren Energie:
1) Windkraft
Es gibt vier Windräder und drei weitere werden bis 2023 errichtet, was angesichts der Hindernisse speziell in Bayern absolut herausragend ist. Allein der Strom aus Windenergie (ca. 25 Mio. kWh/Jahr) entspricht jetzt schon fast dem gesamten Stromverbrauch der Gemeinde. Mit den drei neuen, noch effizienteren Windrädern wird es etwa das Doppelte sein. Auch beim Vogelschutz setzt die Gemeinde auf den Fortschritt der Technik. Im Rahmen eines geförderten Forschungsprojektes wird bei den zu errichtenden Windrädern eine KI-gestützte Erkennung zum Schutz des Rotmilans eingesetzt.
2) Freiflächen-Photovoltaik und Dachphotovoltaik
Photovoltaik auf Freiflächen, privaten und gemeindlichen Gebäuden liefern einen großen Beitrag zum Stromaufkommen.
3) Biomasse: Diese Energiequelle, die typischerweise besonders im ländlichen Raum reichlich verfügbar ist, liefert einen ähnlich großen Energiebeitrag wie die Photovoltaik. Weitere Energiequelle ist das örtliche Holzhackschnitzelkraftwerk.
Die Fuchstaler Energiezentrale (siehe Bild) steuert die Speisung eines Nahwärmenetzes für bislang 150 Wohnungen (Ausbauziel 450 Wohnungen) mit einem Wärmemix, erzeugt aus Biomasse, Holzhackschnitzeln und Überschussstrom. Ein mit Wasser gefüllter Topf von 5000 Kubikmetern fungiert dabei als Pufferwärmespeicher. Zusätzlich gibt es einen Batteriespeicher für Elektrizität.
Energiezentrale (Vordergrund) und Wärmespeicher (Hintergrund)
Durch die große Produktion an Überschussstrom aus der Windkraft steht aus Elektrizität mit dem Tauchsiederprinzip ausreichend wirtschaftlich erzeugte Wärme zur Verfügung. Es muss hier also keine Wärmepumpe eingesetzt werden, die aus der gleichen Menge eingesetztem Strom etwa die vierfache Menge an Energie in Form von Wärme liefert.
Eine weitere herausragende Leistung der Gemeinde Fuchstal besteht in der ausgedehnten Beteiligung der Bürger an den Einnahmen für Grünen Strom durch Investitionsmodelle mit sehr beachtlichen Renditen.
Fazit:
In Fuchstal sind die Gegebenheiten in allen wesentlichen Punkten unterschiedlich von denen in unserer Gemeinde:
- Mehr als die 10-fache Fläche pro Einwohner
- Viel Biomasse für die Wärmeerzeugung
- Viel Platz für Windräder
Fuchstal nutzt die Gegebenheiten einer flächenreichen ländlichen Gemeinde effektiv für die Gewinnung erneuerbarer Energien. Die Windenergie, die die größte Flächeneffizienz der Erneuerbaren besitzt, aber in Bayern wegen der 10H-Abstandsregel praktisch nur im ländlichen Raum realisierbar ist, ist die mit Abstand ertragreichste Energiequelle in Fuchstal und der Star im Energieportfolio.
Daher kann die erneuerbare Energiegewinnung in Fuchstal keine Blaupause für Planegg liefern.
Wie kann die Energiezukunft unserer Gemeinde aussehen?
Planegg sollte unseres Erachtens voll auf Grünen Strom setzen, die wertvollste und einzige sektorübergreifend einsetzbare Energieform.
Die geplante Agri-PV-Bürgeranlage wäre die erste Freiflächen-Photovoltaik-Anlage in der Gemeinde. Bei der Agri-PV-Anlage stehen Landwirtschaft und erneuerbare Energien nicht im Konflikt zueinander, sondern es wird eine Doppelnutzung ermöglicht. Das Modell der Bürgeranlage kann für weitere Projekte, auch Windkraftprojekte, als Vorbild dienen.
Durch Umsetzung der 2020 beschlossenen PV-Offensive kann eine Nutzung privater und gewerblicher Dachflächen durch Photovoltaik angeschoben werden, auch mit Bürgerbeteiligungsmodellen. Dieses Flächenpotential muss unbedingt sehr viel besser als bisher ausgeschöpft werden, auch weil viel weniger Freiflächen für Photovoltaik und Windkraft zur Verfügung stehen als in ländlichen Gemeinden wie Fuchstal.
Mit der unlängst beschlossenen Lockerung der 10H-Regel wären Windräder in Planegg theoretisch möglich, allerdings nicht in der Zahl wie in Fuchstal. Für die gleiche pro-Kopf-Produktion an Windstrom bräuchte Planegg rund 15 Windräder auf dem jetzigen Stand der Technik.
Da wegen der oben genannten Bedingungen kaum Überschussstrom anfallen dürfte, ist im besonderen Maße auf die Effizienz der Strom- und Wärmerzeugung zu achten. Wärmeerzeugung durch Strom kommt im Wesentlichen nur durch die Wärmepumpentechnik infrage. Sollte Wärme aus Tiefengeothermie in der Region verfügbar werden, so wäre diese als Wärmequelle neben Wärmepumpen erstrebenswert.
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