Wegen der fehlgeleiteten deutschen Energiepolitik der letzen 15 Jahre erleben wir nun alle eine nie gekannte Explosion der Energiepreise. Die Energiewende wurde glatt verschlafen, und wir haben uns in fatale Abhängigkeit begeben, die noch weit Schlimmeres möglich macht.
Binnen Jahresfrist hat sich der Großhandelspreis für Strom mehr als verfünffacht und Gaspreis fast versiebenfacht. Die Wärmekosten für Endverbraucher haben sich in diesem Zeitraum ungefähr verdoppelt, die Stromkosten sind etwas weniger stark gestiegen.
Das Vergleichsportal Check 24 hat errechnet, dass sich die Gaspreise im März 2022, hochgerechnet auf ein Jahr, gegenüber dem Vorjahresmonat sogar fast verdreifacht haben ( 1 ).
Je nach Vertragskonditionen kommt die Verteuerung mehr oder weniger verspätet beim Nutzer an und wird für viele erst 2023 in vollem Umfang spürbar sein, wenn der zurückliegende Verbrauch im Jahr 2022 abgerechnet wird.
Aus politischen und wirtschaftlichen Gründen besteht also höchste Dringlichkeit für eine größtmögliche Beschleunigung der Energiewende. Hinzu kommen immer weiter verschärfte politische Vorgaben.
Hinzu kommen immer weiter verschärfte politische Vorgaben. Ein Moratorium für neue Ölheizungen bis 2026 gibt es bereits. Nun müssen nach neuesten Plänen des Wirtschafts- und Klimaministeriums schon ab 1.1.2024 alle neu eingebauten Heizungen zu 65% mit erneuerbarer Energie betrieben werden, was auch reine Gasheizungen ausschließt.
Der aktuelle Weckruf bietet aber auch große Chancen, denn glücklicherweise gibt es etablierte und ständig verbesserte Technologien, um erneuerbare Energien zu nutzen. Diese bekommen aktuell eine zusätzliche Bedeutung jenseits des Klimaschutzes, denn:
„Die einzige Energieform, die niemandem gehört und bei der auch keiner sagen kann, alles meins, sind Wind und Sonne. “
Robert Habeck im März 2022 ( 2 )
Weil erneuerbare Energien, auch Umweltwärme, niemandem gehören sondern überall frei verfügbar sind, kann auch jeder sie nutzen und niemand kann eine Rechnung dafür stellen.
Jede zusätzliche Kilowattstunde aus erneuerbaren Quellen dient nicht nur dem Klimaschutz, sie vermindert auch die Abhängkeit von Energielieferanten, erhöht die Versorgungssicherheit und führt zu deutlichen Kosteneinsparungen.
Es gilt nun also, sofort den Ausbau der Versorgung mit erneuerbaren Energien zu forcieren, und es gibt in unserer Gemeinde dafür großes Potential:
- 81,3 % der Wohngebäude sind Ein- oder Zweifamilienhäuser
- Jeder Hauseigentümer kann frei über seine Energienutzung entscheiden.
- Laut Solarpotentialkataster sind die meisten Dächer in der Gemeinde für die Nutzung von Solarenergie geeignet.
- Auf Grund des naturgemäß relativ hohen Energieverbrauchs kleiner Gebäude ist das Einsparpotential durch Nutzung kostenfreier Umweltenergie besonders hoch.
- Auch für Mehrfamilienhäuser gibt es Lösungen.
Königsweg Photovoltaik mit Wärmepumpe
Die effizienteste Methode der Gewinnung von Wärme aus erneuerbaren Energien ist die Kombination von Photovoltaik und Wärmepumpe. Pro kWh und Flächeneinheit eingestrahlter Sonnenenergie gewinnt diese Technologie nach neuestem Stand etwa 0,8 kWh Wärme, die Solarthermie dagegen nur etwa 0,5 kWh.
Die Kombination von PV und Wärmepumpe ermöglicht auch eine Selbstversorgung mit grüner Wärme und grünem Strom. Der Anteil von grünem Strom an der Gesamtversorgung hängt davon ab, inwieweit durch Dimensionierung von Photovoltaikanlage und Speicher die im Winter geringere Ausbeute an Elektrizität ausgeglichen werden kann. Im Prinzip sind 100 % Eigenversorgung möglich.
Wir haben in einem vorangegangenen Artikel ( 3 ) dargelegt, dass Staat, Forschung und Thinktanks die Wärmepumpentechnologie als Schlüsseltechnologie der Wärmewende betrachten. Etwa 70% soll einmal deren Anteil an der Wärmeversorgung ausmachen. Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hat diese Schlüsselrolle mit dem „Wärmepumpen-Rollout“ in der Darlegung seiner Strategie nochmals besonders betont. Er hat kürzlich auch hervorgehoben, dass eine starke Zunahme der Stromerzeugung aus Photovoltaik und Windkraft Vorrang hat.
Der Bedarf an Wärme sinkt perspektivisch, der Bedarf an Strom wird aber durch fortschreitende Elektrifizierung stark steigen. Auch wegen der überragenden Bedeutung von grünem Strom in der Sektorkopplung ( 4 ) ist die Energiewende hauptsächlich eine Elektrizitätswende.
Wir haben in früheren Artikeln ( 3,5,6,7 ) aufgezeigt, welche Kombinationsmöglichkeiten von Energiequellen und Speichern es mittlerweile gibt.
Die geplante zukünftige Quote von 65% erneuerbaren Energien bei Heizungen kann in unserer Gemeinde einigermaßen zeitnah nur durch wärmepumpenbasierte Systeme oder durch die derzeit noch sehr teure wasserstoffbasierte Technologie a la Picea ( 6,8 ) erreicht werden. Andere erneuerbare Eneriequellen sind derzeit nicht in Sicht.
Das Supertrio PVT nützt Umweltenergie besonders effizient aus
Solarthermie ist die ideale Hilfsquelle für ein PV/Wärmepumpensystem, weil dadurch das gesamte Spektrum der Sonnenstrahlung ausgenutzt wird. Während die Photovoltaik sichtbares Licht in Strom umwandelt, nützt die Solarthermie den Infrarotanteil, also die Wärmestrahlung (siehe Abbildung unten). Photovoltaik-Thermie-Module ( PVT ), in denen PV-Module und Wärmekollektoren übereinander platziert sind, haben außerdem gegenüber PV keinen zusätzlichen Flächenbedarf. Durch zusätzliche Solarwärme wird auch die Effizienz der Wärmepumpe erhöht. Die Effizienz der PV-Anlage wird ebenfalls erhöht, weil die PV-Module durch die Wärmeableitung über die Wärmekollektoren abkühlen.
Prinzip von Photovoltaik + Solarthermie + Wärmepumpe mit Kombimodulen (PVT). Abbildung aus unserem Beitrag ( 6 )
Photovoltaikmodule (blau) sind auf den (Solar-)Wärmekollektoren (schwarz) platziert. Die rund um die Uhr vorhandene Umweltwärme wird bei fehlender Sonneneinstrahlung von den Kollektoren aufgenommen und durch eine Wärmepumpe mit PV-Strom auf ein gehobenes Temperaturniveau gebracht. Auf diese Weise wird die erneuerbare Wärme von Sonne und Luft rund um die Uhr ausgenutzt.
Verschiedene Ausstattungsvarianten der Wärmepumpenheizung bieten große Kostenersparnis
Jährliche Kosten für Strom und Wärme in der Größenordnung von 5000 € für ein durchschnittliches Einfamilienhaus (basierend auf aktuellen Preisen) können durch eine Investition in PVT/Wärmepumpe in der Größenordnung von 30.000 € (Nach Abzug von bis zu 45% Förderung) um mindestens 80 % reduziert werden, also um rund 4000 € und mehr pro Jahr. Eine Amortisation in weniger als 10 Jahren wäre damit möglich.
Mit einer höheren Investition ist auch eine bis zu 100%ige Energie-Autarkie erreichbar, angesichts derzeitiger Zukunftsperspektiven und planbarer einmaliger Investition bei – noch – sehr günstigem Zinsniveau sicher prinzipiell eine attraktive Option.
Rund die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland werden mit Gas beheizt. Gasheizungen, viele davon moderne Gasthermen, werden daher sicher nicht in wenigen Jahren von der Bildfläche verschwinden. Inwiefern „grüne Gase“ einmal eine Rolle spielen werden, ist noch völlig unklar. Daher ist es wichtig, für Gasheizungen eine Übergangsperspektive anzubieten. Diese existiert in Form der Wärmepumpen-Hybridheizung in der die Gasheizung als Hilfswärmequelle dienen und so eine das ganze Jahr über 100 %ige Wärmeversorgung sicherstellen kann. Eine solche Hybridheizung wird mit 30% staatlich gefördert.
Zu gegebener Zeit kann sie immer noch durch emissionsfreie Zusatzwärmequellen wie Solarthermie oder einen mit Photovoltaikstrom gespeisten Elektroheizstab ersetzt werden.
Eine Wärmepumpe liefert pro 1 kWh Strom je nach konkreter Effizienz etwa 3-5 kWh Umweltwärme für Heizung und Warmwasser. Gegenüber einer Gasheizung ergeben sich auch ohne Investition in Photovoltaik aktuell bei Einsatz einer Wärmepumpe auf Basis aktueller Preise (16 Cent pro kWh für Gas, 40 Cent pro kWh für Wärmepumpenstrom) Einsparungen von rund 800 – 2000 € pro Jahr. Bei einem einmaligen Investitionsvolumen von rund 10.000 € (nach Abzug von 35% Förderung) für eine Luftwärmepumpe kann sich auch eine solche, relativ einfache Maßnahme nach jetzigem Stand in weniger als 10 Jahren amortisieren.
Fazit:
Selbst durch eine einfache Investition in eine Wärmepumpe werden beträchtliche Mengen an CO2 eingespart und die aufzuwendenden Energiekosten gegenüber der Gasheizung deutlich gesenkt.
Durch eine zusätzliche Investition in Photovoltaik, Speicher und bestenfalls zusätzlich Solarthermie als Hilfswärmequelle (PVT) lassen sich die CO2-Emissionen bei der Energienutzung sowie die Energiekosten minimieren und außerdem dauerhaft weitestgehende Versorgungssicherheit mit Strom und Wärme sowie Unabhängigkeit von Lieferanten erlangen.
Das wäre eine 4-fache Win-Situation!
Auf der Homepage der Gemeinde Planegg sind Informationen über das Förderprogramm der Gemeinde erhältlich (9).
Informationen über staatliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen durch die BAFA sind auf deren Website (10) zu finden.
Ausblick
Derzeit wird die Wärmepumpe fast täglich in irgendeinem Presseorgan thematisiert.
Leider wird aber in den Medien bisher nur sehr zögerlich mit dem – längst widerlegten – Vorurteil aufgeräumt, dass Wärmepumpen nur für gut sanierte Gebäude und gedämmte Neubauten geeignet sind.
Wir haben früher ( 3 ) schon auf die Studie WPsmart von Fraunhofer ISE ( 11 ) hingewiesen, die belegt, dass es für alle Bestandsbauten, auch Mehrfamilienhäuser (12), effiziente wärmepumpenbasierte Lösungen gibt. Wegen der großen Bedeutung für die zukünftige Wärmeversorgung und der noch immer verbreiteten Unkenntnis der WPsmart-Studie werden wir diese in einem separaten Artikel thematisieren.
Quellen
(1) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/steigende-energiekosten-101.html
(3) https://gruene-planegg.de/2021/06/14/energiewende-in-der-gemeinde-3-4-waermewende/
(5) https://gruene-planegg.de/2021/06/14/energiewende-in-der-gemeinde-2-4-elektrizitaetswende/
(6) https://gruene-planegg.de/2021/10/08/waermewende-vom-traumpaar-zum-supertrio/
(7) https://gruene-planegg.de/2021/10/19/waermewende-heizen-mit-eisspeicher/
(8) https://www.homepowersolutions.de/produkt
(9) https://www.planegg.de/Gebaeude-Energieberatung-im-Rathaus….o1041.html?suche=heizung
(10) https://www.bafa.de/DE/Home/home_node.html
Verwandte Artikel
• Aktuelles, Kiesabbau
Die Kreislaufwirtschaft im Bereich Baustoffrecycling ist aktiver Klimaschutz und schont unsere Ressourcen
Bei uns in Planegg findet jetzt und in Zukunft massive Bautätigkeit statt, die viel Beton und damit Kies verbraucht: z.B. U-Bahn/U-Bahnhof in Martinsried, Bahnhofsareal Planegg und Max-Planck-Institut in Martinsried. Gleichzeitig…
Weiterlesen »
• Aktuelles, Ortskern & Ortsentwicklung
Eine bunte Eule für unsere Gemeinde!
Wir haben heute den Bauzaun am Bahnhofsareal bemalt. Es hat uns viel Spaß gemacht und wir freuen uns, dass wir diese schöne Aktion unterstützen konnten. Das Mal-Team von links nach…
Weiterlesen »
• Aktuelles, Anträge, Klimaschutz & Energie, Ortskern & Ortsentwicklung
Aktueller Antrag zum Thema Klimaschutzkonzept
Unser Fraktion hat folgenden Antrag zum Thema Planegger Klimaschutzkonzept eingereicht. Wie schon in der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 10.10.2024 in unserem Statement geäußert, müssen wir die Ziele in die einzelnen Bereichen…
Weiterlesen »