Zusammenfassung:
Der Landkreis München besitzt als europäische Hochburg der hydrothermalen Tiefengeothermie ein riesiges Wärmepotential. In diesem Artikel wird durch einen Vergleich dargelegt, warum die Tiefengeothermie die Freiflächen-Solarthermie als Quelle für die Fernwärme in unserer Region überflüssig macht.
Die Vorzüge der Tiefengeothermie gegenüber der Freiflächensolarthermie sind:
- Permanente, volle Verfügbarkeit, hohe Flexibilität und verlustfreie natürliche Speicherung, dadurch kein Bedarf an großen, teuren Saisonalspeichern für die antizyklisch anfallende Solarwärme.
- Geringer Flächenbedarf, auch bei Skalierung, also bei der Erhöhung der Kapazität durch weitere Bohrungen. Dadurch besondere Eignung für Gebiete mit Knappheit an verfügbaren Freiflächen für erneuerbare Energien, wie das Würmtal.
- Deutlich geringere Investitionskosten, insbesondere bei Skalierung.
Die Freiflächen-Solarthermie kann allein wegen des großen Flächenbedarfs keinen wesentlichen Beitrag zur Versorgung einer Kommune der Größe von Planegg leisten. Außerdem verursacht der stark antizyklische Energieertrag der Solarthermie neben erheblichem zusätzlichen Flächenbedarf hohe weitere Kosten für einen großen Saisonalspeicher mit Großwärmepumpe.
Eine Kombination der Geothermie mit Freiflächensolarthermie, wie in einer Gräfelfinger Machbarkeitsstudie untersucht, erscheint wegen der klaren Vorzüge und wegen des riesigen Potentials der Tiefengeothermie nicht sinnvoll.
Dank des minimalen Flächenverbrauchs der Tiefengeothermie können verfügbare Freiflächen sinnvoll für die Photovoltaik genutzt werden.
Da in Zukunft Windkraft in Verbindung mit der Wärmepumpe in unserer Region aller Wahrscheinlichkeit nach keine ausreichende Wärmemenge bereitstellen könnte, erscheint die Tiefengeothermie als konkurrenzlose grüne Energiequelle für die Fernwärme. Dieser Artikel zeigt, dass das Potential von zwei geothermischen Dubletten von 12,5 MW ausreichen würde, um eine als langfristig realistisches Ziel anzusehende Versorgung Planeggs mit Fernwärme zu zwei Dritteln des Gesamtwärmebedarfs der Gemeinde zu ermöglichen.
Wie in der ersten Folge beschrieben (1), erhalten wir in unserer Biosphäre Wärme aus zwei Quellen, der Sonne und der Erde. Solarthermie nutzt die Infrarotstrahlung der Sonne, Tiefengeothermie nutzt Erdwärme aus 3000-4000 m Tiefe. In einer Gräfelfinger Machbarkeitsstudie von 2022 (2) wurde die parallele Nutzung beider Technologien für eine spezielle Konstellation von Voraussetzungen, insbesondere knappe Geothermieleistung, untersucht.
Unsere Region ist eine der wenigen, wo überhaupt die Wahl zwischen beiden emissionsfreien Energiequellen besteht. Die Tiefengeothermie erfordert eine gründliche seismische Erkundung und geeignete geologische Bedingungen, und Beides ist bei uns im Landkreis München in hohem Maße gegeben.
Die drei wichtigsten Kriterien für eine leistungsstarke Wärmequelle, die über ein Fernwärmenetz Tausende Wohnungen versorgen können soll, sind Verfügbarkeit, Flächenbedarf und Investitionskosten.
1. Verfügbarkeit
Wie im vorigen Artikel (1) dargelegt, besteht auf Grund der regional vorhandenen Ressourcen perspektivisch die Möglichkeit einer Vollversorgung unserer Gemeinde mit tiefengeothermischer Wärme.
Geothermie ist als einzige grüne Energiequelle, abgesehen von Wartungsarbeiten, alle 8760 Stunden eines Jahres in vollem Umfang verfügbar.
Eine Solarthermieanlage dagegen kann, bezogen auf die Kollektorfläche, in unserer Region im Jahresmittel wegen des Tag-Nacht-Rhythmus, wegen saisonaler Schwankungen und wegen des variablen Wetters im Jahresmittel nur etwa 25 % der theoretisch möglichen Leistung liefern. Die Leistung ist außerdem in den Monaten am schwächsten, in denen am meisten Energie gebraucht wird.
Abbildung 1: Saisonale Schwankungen der Energieausbeute, bezogen auf die maximale Leistung.Durch Tag-Nacht-Rhythmus und Wetterabhängigkeit der Solarstrahlung schwankt der Verlauf der blauen Kurve (geglättet) bei Auflösung nach Stunden statt nach Monaten mit starken Ausschlägen um die blaue Kurve nach oben und unten. Die blaue Kurve stellt einen Verlauf des Mittelwertes dar. Die Geothermieleistung beträgt dagegen (von Wartungsarbeiten abgesehen) immer 100%.
Da in den Sommermonaten sehr viel weniger Wärme benötigt wird als im Winter, kommt die Solarthermie nicht ohne saisonale Speicherung aus, wenn sie mehr als nur die jährliche Grundlast, also den praktisch konstanten Warmwasserverbrauch, bedienen soll. Tiefengeothermische Wärme kann dagegen aus einer perfekt wärmeisolierten Tiefenquelle nach Bedarf gefördert werden und kommt bei ausreichender Dimensionierung ohne Saisonalspeicher aus, welche es folglich auch in Verbindung mit Tiefengeothermie nicht gibt.
2. Flächenbedarf
Ein Nachteil sowohl der Solarthermie (Wärmeerzeugung) als auch der Photovoltaik (Stromerzeugung) ist ihr hoher Flächenbedarf. Wie die folgende Abbildung zeigt, würde für eine Gemeinde mit der lockeren Siedlungsstruktur Planeggs eine Fläche fast halb so groß wie die Siedlungsfläche benötigt werden, für dichter besiedelte Großstädte wäre der Anteil noch wesentlich höher. Im Gegensatz zu Strom muss Wärme siedlungsnah gewonnen werden, um Netzverluste so gering wie möglich zu halten. Gerade dort sind aber die verfügbaren Freiflächen gewöhnlich besonders knapp.
Abbildung 2: Flächenbedarf für die Wärmemenge, die dem jährlichen Fernwärmebedarf von Planegg bei Vollversorgung entspricht. Flächenverteilung von oben nach unten: Siedlung, Wald, landwirtschaftliche Flächen und Grünlandflächen, Kiesgebiet. Statistische Daten aus (3). Flächenberechnung für Solarthermie gemäß Machbarkeitsstudie (2).
Mit Siedlungsfläche und Wald sind rund 85% der Gemeindefläche tabu für Solarfelder. Lediglich die wenig flächenverbrauchende Windenergiegewinnung ist in Waldflächen denkbar.
Dem jährlichen Wärmebedarf der Gemeinde Planegg, inklusive der Netzverluste der Fernwärme, würde gemäß der Prognose des Landkreises München (4) für 2040 eine Solarfeldfläche von 250 ha entsprechen, also 24 % der Gemeindefläche und somit weit mehr als alle Landwirtschafts- und Grünlandflächen zusammen.
Zum Vergleich: Diese theoretisch nötige Solarthermiefläche entspricht etwa der gesamten im Musterland Dänemark existierenden Solarthermiefläche. Alle 50 deutschen Freiflächen-Solarthermieanlagen belegen nur etwa ein Sechstel der für eine Vollversorgung Planegg erforderlichen Solarthermiefläche.
Praktisch alle Freiflächen in Planegg sind in Privatbesitz. Die Verwendung landwirtschaftlich genutzter Flächen unterliegt außerdem regelmäßig der „Tank-oder-Teller“- Diskussion, weshalb die geplante 9 ha große Agri-PV- Anlage mit ihrer Doppelnutzung der Fläche einen guten Kompromiss darstellt.
Der Flächenverbrauch durch Tiefengeothermie ist im Vergleich mit der Solarthermie äußerst gering, was angesichts der Flächenknappheit einen immensen Vorteil darstellt. Erforderlich ist lediglich Platz für das Kraftwerk und für die Injektions- sowie für die Rückführungsbohrung, die zusammen den Thermalwasserkreislauf bilden. Man spricht von einer geothermischen Dublette.
Eine Verdopplung oder Verdreifachung der Leistung eines Geothermiekraftwerkes durch eine zweite bzw. dritte Bohrdublette kann praktisch ohne zusätzlichen Flächenverbrauch auskommen. Beim Münchner Geothermiekraftwerk der SWM in Thalkirchen liegen die 6 Bohrungen der 3 Dubletten nur ca. 7 m auseinander und zweigen erst in der Tiefe ab. (5,6)
Dagegen müsste bei einer Solarthermieanlage für eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Leistung auch die Kollektorfläche verdoppelt bzw. verdreifacht werden.
Flächenbeiträge von dezentralen Anlagen
Einen Fernwärmeanteil von 98% wie Kopenhagen werden Würmtalgemeinden sicher niemals auch nur annähernd erreichen, so dass auch dezentrale Wärmeversorgung gefragt sein wird. Die große Zahl an Einfamilienhausdächern stellt ein großes Flächenpotential für Solarenergiegewinnung dar, das allerdings bisher kaum genutzt wird.
3. Investitionskosten
Für den Vergleich der Investitionskosten wurde die Gräfelfinger Machbarkeitsstudie (2) herangezogen, aus der die aktuellen Kosten für ein Geothermiekraftwerk sowie für Solarthermiemodule mit notwendigen Zusatzeinrichtungen entnommen wurden. Aus dieser Studie wurde auch der Wert für Wärmeverluste des Fernwärmenetzes von 15,6 % entnommen, die dem Fernwärmebedarf zugeschlagen werden müssen.
Für die thermische Leistung einer geothermischen Bohrdublette werden für das nördliche Würmtal 12,5 MW angenommen, was der Leistung des nahegelegenen Geothermiekraftwerks der SWM in München-Freiham entspricht. Im Falle einer Partnerschaft mit der IEP Pullach, die drei zusätzliche Bohrdubletten bei Baierbrunn plant, könnte die thermische Leistung standortbedingt durchaus doppelt bis dreimal so hoch ausfallen. Die Wärmegestehungskosten würden sich in diesem Fall stark verringern.
Die thermische Leistung von 12,5 MW kann bis zu ca. 110.000 Megawattstunden (MWh) pro Jahr liefern (12,5 MW x 8760 h = 109.500 MWh).
In der folgenden Abbildung werden die Investitionskosten für ein Jahreswärmepotential von 110.000, 220.000 und 330.000 MWh pro Jahr für Geothermie und Solarthermie verglichen, die von ein, zwei oder drei Dubletten gefördert werden könnten.
Für die jeweils gleiche Jahresleistung der Solarthermie wurden die nötigen Flächen sowie die Investitionskosten durch Berechnung aus der Machbarkeitsstudie (2) ermittelt.
Abbildung 3.: Vergleich der Investitionskosten in die Energiegewinnung für Tiefengeothermie und Solarthermie bei gleicher jährlicher Durchschnittsleistung. ROT: Geothermiekraftwerk mit 1-3 Dubletten BLAU: Solarfeldfläche. Die jeweils ersten, zweiten und dritten Balken entsprechen der gleichen jährlich verfügbaren Energiemenge. Die betrachteten Kosten betreffen allein Investitionen in die Wärmegewinnung. Flächenkosten und Kosten für technische Erweiterungen, die für die Solarthermie zusätzlich anfallen (Großwärmepumpe, Saisonalspeicher), sind nicht enthalten. Die jeweils mittlere Kolumne entspricht ungefähr dem jährlichen Wärmebedarf der Gemeinde Planegg. Alle aufgeführten Kosten ohne Förderung nach BEW, die bei beiden Ansätzen gleich wäre.
Bei der viel kostengünstigeren Tiefengeothermie werden gegenüber der Solarthermie zusätzliche Kosteneinsparungen dadurch erzielt, dass eine weitere Bohrdublette mit durchschnittlich 25 Mio. € nur etwa 55% der Kosten für ein Geothermiekraftwerk mit einer Dublette ausmacht (7).
Fazit: Bei allen drei Kriterien ist die Tiefengeothermie gegenüber der Freiflächensolarthermie klar im Vorteil.
Unterschiedlicher Wärmeverbrauch im Jahresverlauf
Der Vergleich in Abbildung 3 basiert auf dem Gesamtwärmebedarf von Planegg. Im Gegensatz zum Stromverbrauch ist dieser aber naturgemäß stark saisonal abhängig. So wird im Winter wesentlich mehr Wärme benötigt als im Sommer. Die Wärmeversorgung muss diesem Umstand gerecht werden.
Abbildung 4: Jährlicher Bedarfsverlauf bei der Gebäudewärme. Im Januar und Dezember wird etwa viermal so viel Wärme vebraucht wie im Sommer. Die Daten wurden mit Hilfe der Gräfelfinger Machbarkeitsstudie (2) berechnet.
Der saisonale Verlauf von Geothemieertrag und Solarthermieertrag ist grundverschieden. Beide Ertragskurven weichen von der Bedarfskurve ab, der Solarertrag verläuft sogar antizyklisch.
Abildung 5: Vergleich von Verfügbarkeit und Bedarf. Die Flächen unter den drei Linien sind gleich und entsprechen der nachgefragten (blau) bzw. der zur Verfügung stehenden (gelb oder rot) Gesamtwärmemenge eines Jahres.
Die Abweichungen des Wärmeangebotes vom monatlichen Bedarf erfordern ein geeignetes Wärmemanagement. Lastspitzen werden bei beiden Technologien und allgemein bei Fernwärmenetzen üblicherweise durch Spitzenlast-Heizkessel und durch Pufferspeicher abgedeckt, die das Netz mehrere Stunden bis zu einigen Tag versorgen könnten.
Die in Abbildung 5 gezeigte Diskrepanz im Jahresverlauf von Wärmeangebot und Nachfrage fordert für beide Technologien unterschiedliche Lösungen.
Unterschiede zwischen Solarthermie und Tiefengeothemie bei der Bedarfsdeckung, technologische Konsequenzen und resultierende Kosten
1. Solarthermie
Abbildung 6: Antizyklische Wärmegewinnung aus Solarthermie. Die graue Fläche entspricht der überschüssigen Solarwärme, die gespeichert werden muss, damit sie das Wärmedefizit (rot schraffiert) in der kalten Jahreszeit decken kann.
Bei einer Temperaturspreizung zwischen Vor – und Rücklauf des Wärmenetzes von 90-45 °C bedarf es einer Wassermenge von etwa 1 Million Kubikmeter, um die etwa 55.000 MWh zu speichern, die der grau schraffierten Fläche entsprechen. Ein Erdbeckenwärmespeicher dieses Volumens würde bei 13 mTiefe etwa 8 ha Fläche beanspruchen, entsprechend 12 Fußballfeldern. Die Kosten für einen solchen Speicher können mit 50 Mio € konservativ geschätzt werden (ohne Zusatzkosten).
2. Tiefengeothermie
Hier ist die Abweichung der Verfügbarkeit von der Bedarfskurve geringer als bei der Solarthermie, weil die geothermische Wärme immer voll verfügbar ist. Es gibt zwei in der Praxis etablierte Möglichkeiten, den Bedarf ganzjährig zu decken:
a) Absorptionswärmepumpe
Der Rücklauf eines Hochtemperaturnetzes (95°C im Vorlauf) enthält bei einer Temperatur von 55-60 °C noch viel nutzbare geothermische Wärme. Mit einer Absorptionswärmepumpe kann die Temperatur durch Wärmeentzug z.B. bis auf 40 °C oder tiefer gesenkt werden. Dadurch kann die Leistung einer 12,5 MW – Geothermieanlage um 50% oder mehr erhöht werden.
Abbildung 7: Lithiumbromid-Absorptionswärmepumpe
Abbildung 8: Deckung des Mehrbedarfs an geothermischer Wärme im Winter durch Temperatursenkung des Wärmenetz-Rücklaufs mit einer Absorptionswärmepumpe, Leistung ca 6 MW
Diese Lösung erfordert die geringsten Investitionskosten und wird z.B. bei der AFK in Aschheim bei München praktiziert (10), da im dortigen interkommunalen Projekt die Geothermie nahezu ausgelastet war. Dort ist auch zusätzlich eine zweite Dublette geplant, weil die Kapazitätsgrenze für die Versorgung der drei Kommunen Aschheim, Kirchheim und Feldkirchen bald erreicht ist.
b) Zwei Dubletten
Abbildung 9: Bedarf (blau) wie in Abb. 8, aber geothermisches Wärmepotential von zwei Dubletten.
Die ungenutzte geothermische Wärme bleibt in rund 3000 m Tiefe verlustfrei und kostenneutral gespeichert. Aus der ungenutzten Reserve kann z.B. Wärme für die Kälteproduktion mit Absorptionskältemaschinen entnommen werden.
Diese Lösung bietet die geringsten Investitionskosten pro MWh verfügbarer Wärme pro Jahr (340 €). Ein GKW mit zwei Dubletten ist z.B. in Unterföhring realisiert. An mehreren anderen Standorten sind eine bis mehrere weitere Dubletten geplant. Das Gutachten zum Masterplan Geothermie (8) geht perspektivisch von 3 Dubletten pro Standort aus, bei insgesamt 500 Dubletten im Raum südlich von München bis 2050.
Ziel: Wärmeversorgung Planeggs zu zwei Dritteln des Jahreswärmebedarfs
Nimmt man für Planegg auf Grund der Siedlungsstruktur eine angestrebte Bedarfsdeckung von zwei Dritteln an, dann würde das Potential von 2 geothermischen Dubletten für die Versorgung Planeggs mit Wärme ausreichen, wie folgende Abbildung zeigt.
Abbildung 10: Abbildung analog zu Abb. 9. Die Investitionskosten sind gleich. Die gesamte Fläche des Bedarfs entspricht aber hier 145.000 MWh/Jahr (zwei Drittel des Wärme-Jahresbedarfs von Planegg) statt 110.000 MWh/Jahr. Der rot schraffierte Bereich kann durch Spitzenlastkessel abgedeckt werden.
Für die Solarthermie fallen für die betrachtete Wärmemenge von 145.000 MWh pro Jahr neben den Modulkosten noch Kosten für eine 20 MW-Großwärmepume an, die die Vorlauftemperatur von 70 auf 90°C anhebt (2) sowie Kosten für einen Erdbeckenspeicher mit 1,3 Mio. Kubikmeter Wasser (s.o.). Im Falle der Verwendung einer als Bauschuttdeponie genutzten Kiesgrube würden für dieses Volumen außerdem Kosten von ca. 20 Mio. € für entgangene Verfüllgebühren anfallen. Dieses Volumen wäre nur als zwei oder drei Riesenspeicher zu realisieren.
Abb. 11: Gesamtkostenvergleich für Solarthermie und Geothermie. Gr.-WP, Großwärmepumpe; Z., Zusatzkosten für Erdbeckennutzung. 2. Dubl.; 2. Dublette. Die Geothermie hat mit 2. Dublette noch 75.000 MWh/Jahr Wärmereserven.
Die Kosten für die Solarthermievariante liegen weit über den Kosten für die Tiefengeothermie mit 2 Dubletten, bei großen geothermischen Wärmereserven.
Fazit: Die antizyklische Wärmegewinnung bei der Solarthermie verursacht zusätzliche Investitionskosten und Flächenverbrauch für Saisonalspeicherung, während es für die Tiefengeothermie bei gleicher Wärmeausbeute zwei etablierte, kostengünstigere Lösungen gibt, die Saisonalspeicherung erübrigen.
Auch eine Kombination von beiden Technologien, wie in der Gräfelfinger Machbarkeitsstudie untersucht, macht in keinem Verhältnis Sinn, wenn die Tiefengeothermie adäquat dimensioniert ist, wie in diesem Beispiel mit zwei Dubletten. Die vorhandenen Ressourcen und geplanten Projekte würden theoretisch für eine Vollversorgung des gesamten Würmtals mit Tiefengeothermie reichen (1).
Großwärmepumpe sowie Biomasse/Biogas aber eine Option. Dies besagt auch das Gutachten zum Masterplan Geothermie (8).
Blick über den Tellerrand
Eine Kombination von Freiflächensolarthermie und Tiefengeothermie als Wärmequelle für ein Fernwärmenetz gibt es bisher nicht.
Ein Nebeneinander ist zukünftig dort vorstellbar, wo das Potential der Tiefengeothermie allein nicht ausreicht, also etwa in Großstädten wie Berlin, wo rechnerisch rund 500 (!) Geothermiekraftwerke bzw. Dubletten nötig wären, um den Wärmeverbrauch der Stadt von 36,7 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr zu decken, wo es aber noch keine einzige Anlage gibt. Alternativ bräuchte es 300 Quadratkilometer Solarthermiefläche, etwa das Dreifache der weltweit existierenden Solarthermiefläche, etwa die Fläche der Stadt München. Beides ist unrealistisch, weshalb es ein Nebeneinander dieser beiden und anderer Technologien in der Fernwärmeversorgung Berlins geben wird. In Wien ist die Situation ähnlich.
Wegen des hohen Flächenbedarfs besteht stets eine Flächenkonkurrenz zwischen Photovoltaik und Solarthermie. In Deutschland hat hier bei Freiflächenanlagen die Photovoltaik gemäß ihrer vielfältigen Bedeutung deutlich die Nase vorn. In der Geothermiehochburg Landkreis München gibt es keine Freifläche-Solarthermieanlage, jedoch 16 Freiflächen-PV-Anlagen. Weitere PV-Anlagen sind geplant, u.a. in Planegg (Agri-PV). Bei PV besteht im Vergleich zum Bundesdurchschnitt im Landkreis München immer noch großer Nachholbedarf.
Die in Deutschland realisierten Freiflächen-Solarthermieanlagen können nur einen kleinen Wärmeanteil in das jeweilige Fernwärmenetz liefern. In der größten Anlage in Greifswald sind es z.B. 3-4% (11). Zum Vergleich: An den Geothermiestandorten in unserer Region beträgt der geothermische Wärmeanteil im Netz 90-99%. Das jährliche Wärmepotential der 12 Geothermiekraftwerke im Landkreis München (8) beträgt rund das 20-Fache des gesamten jährlich verfügbaren Solarwärmepotentials in Deutschland (12).
Auf Grund der stetig steigenden Effizienz von PV-Modulen, wegen der höheren Flächeneffizienz und wegen des Preisverfalls von PV-Kollektoren sind für die Wärmegewinnung Großwärmepumpen in Verbindung mit Photovoltaik wie in Mertingen (13) eine zunehmend attraktivere Alternative zur Solarthermie.
Im Musterland wird groß gedacht.
Im Vorreiterland der Energiewende, Dänemark, lange bekannt für den kräftigen Solarthermieausbau, ist es die Windenergie, die auch in Verbindung mit Großwärmepumpen stark an Bedeutung gewonnen und die Hauptrolle auch in der emissionsfreien Wärmeversorgung übernommen hat. Der Anteil der Freiflächen -Solarthermie daran beträgt selbst in Dänemark nur etwa 2,5 %. In Deutschland beträgt der Anteil sogar nur 0,025%.
Während die mit 40 ha Fläche mit Abstand weltgrößte Solarthermieanlage mit 80.000 MWh pro Jahr rund 20% des Wärmebedarfs der Mittelstadt Silkeborg deckt (14), wird eine 70 MW-Meerwasserwärmepumpe in einem Gebäude von der Größe einer Turnhalle jährlich die dreieinhalbfache Wärmemenge und damit einen erheblichen Teil der Heizenergie der Großstadt Esbjerg liefern (270.000 MWh) (15). In Aalborg wird dieser Wärmeertrag mit dem Doppelten bald noch deutlich getoppt werden (550.000 MWh) (16).
Diese Großprojekte werden wohl bald noch durch das EU-weit größte Tiefengeothermieprojekt mit 7 (!!) Dubletten in Aarhus übertroffen, das mit 110 MW Leistung folglich bis zu 900.000 MWh Wärme im Jahr liefern könnte (17).
Das kleine Dänemark mit 5,6 Mio. Einwohnern macht auch in der Tiefengeothermie vor, dass angesichts des enormen Wärmeverbrauchs bei allen grünen Technologien groß gedacht werden muss.
Lehren für die Energiewende im Würmtal
Der in diesem Artikel angestellte Vergleich zeigt, dass sich die flächenintensive Solarthermie in Regionen mit viel Wald und Landwirtschaft selbst in kleinen Kommunen von der Größe der Würmtalgemeinden nicht als wesentliche Quelle für ein Fernwärmenetz eignet, weil ihr Flächenbedarf für eine Vollversorgung rechnerisch ungefähr der Hälfte der zu versorgenden Siedlungsfläche entspräche, sämtliche landwirtschaftlichen Flächen und Grünflächen in der Gemeinde verbrauchen und riesige saisonale Speicherkapazitäten erfordern würde.
Dieser Umstand spricht dafür, die im Landkeis München überall knappen verfügbaren Freiflächen für Photovoltaik und Windkraft zu nutzen, um den stark wachsenden Bedarf an grünem Strom zu befriedigen.
Bei uns im Würmtal kann ein Windrad nur etwa ein Fünftel so viel Energie liefern wie ein off-shore Windrad an der Nordsee, und selbst die ambitioniert proklamierten 100 Windräder im Landkreis München dürften bis 2035 auch wegen der restriktiven Ausweisung von Vorranggebieten kaum zu realisieren sein. Auch stehen im Würmtal keine im zweistelligen Megawattmaßstab zu nutzenden Umweltwärmequellen wie ein Meer oder ein großer Fluss zur Verfügung, mit deren Wärme ein Fernwärmenetz durch eine Großwärmepumpe im zweistelligen Megawattbereich gespeist werden könnte. Wärmepumpenlösungen für kleine Nahwärmenetze in Siedlungsgebieten, wo Fernwärme nicht wirtschaftlich realisiert werden kann, sind allerdings naheliegend.
Daher liegt die Zukunft der Fernwärme im Würmtal sicher in der Tiefengeothermie. Ob es in der Zukunft Beimischungen durch mit Wärmepumpen aufgewertete Abwärme geben kann, bleibt abzuwarten.
Quellen
(1)
(2)
https://www.graefelfing.de/fileadmin/user_upload/news_bilder_NEU/2022-07-18_Graef_M14_Praes1.pdf
(3)
https://www.statistik.bayern.de/mam/produkte/statistik_kommunal/2020/09184138.pdf
(4)
https://www.energieagentur-ebe-m.de/service/29_treibhausgaszieletool
(5)
https://www.swm.de/magazin/energie/energiestandort-sued
(6)
(7)
(8)
https://geothermie-allianz.de/wp-content/uploads/2022/09/Gutachten-Masterplan-Geothermie-Bayern.pdf
(9)
https://gruene-planegg.de/2023/09/13/waermewende-in-planegg-hoffnungstraeger-tiefengeothermie/
(10)
(11)
(12)
(13)
https://www.solarserver.de/2023/09/11/gp-joule-solarstrom-fuer-waermepumpe-im-waermenetz-mertingen/
(14)
https://www.solar-district-heating.eu/silkeborg-neuer-rekordhalter-geht-in-betrieb/
(15)
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/energie/waermepumpe-esbjerg-100.html
(16)
(17)
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