Kiesabbau im Würmtal: Die nächste Runde?

Aktuell beabsichtigt die Fa. Glück, im Lochhamer Schlag auf einer Fläche von 12,6 ha Kies abzubauen (rot). Dieses Waldgebiet ist im Laufe der Jahrzehnte zu einer grünen Oase inmitten der Würmtalgemeinden Gräfelfing und Planegg/Martinsried und der Münchner Stadtteile Pasing und Hadern geschrumpft. Insbesondere für die Bevölkerung von Martinsried und Hadern ist der Lochhamer Schlag als benachbartes, fußläufig gut erreichbares Naherholungsgebiet von besonderer Bedeutung. An Wochenenden trifft man dort vor allem im südlichen Teil viele Fußgänger, die das Gebiet über die stillgelegte Großhaderner Straße oder von der Würmtalstraße aus betreten (Grüne Pfeile im Bild).

Kartenmaterial: Openstreetmap

Durch die Auskiesung würde der Lochhamer Schlag als Naherholungsgebiet für lange Zeit weitgehend entwertet werden.

Auch wenn der heutige Wald eines Umbaus bedarf um klimaresistent zu werden:  Eine komplette Entfernung von Wald samt Waldboden bis auf ca. 13 m Tiefe, eine Verfüllung mit Bauschutt und, nach Auftragen einer Humusschicht, nachfolgende „Renaturierung“ ist bestimmt nicht der richtige Weg. Dies gilt erst recht für die laut Pressebericht vorgesehene Verfüllung mit Gleisschotter. Hierbei erscheint außerdem das laut Bericht nur 1,5 m entfernte Grundwasser gefährdet.

Der Waldboden mit seinen für Bäume lebenswichtigen Pilzmycelen stellt ein hochkomplexes Ökosystem dar, das viele Jahrzenhte für eine Regenerierung benötigt. Ein Waldumbau sollte daher planmäßig und verträglich unter weitestgehendem Erhalt des Bodens erfolgen.

 

Historie und Perspektive

Unser Mitglied Erich Weichelt (selbe – Website) hat in seinem Beitrag (vom 11. Dezember 2021) zum Forst Kasten aus eigener Erfahrung darauf hingewiesen, wie sehr der Würmtaler Wald bereits durch Kiesabbau dezimiert wurde. Eine Betrachtung der im Würmtal seit 1961 ausgebeuteten Flächen zeigt, wie sich der Kiesabbau vom Sitz der Fa. Glück in Gräfelfing aus zwischen den Ortsteilen Planegg und Martinsried mitten durch unsere Gemeinde gefressen hat.

 

Kartenmaterial: Openstreetmap

Die Projektion der geologischen Kartierung ( 1 ) des hiesigen Kiesvorkommens (schwarzer Ring) auf die Landkarte zeigt, dass das Vorkommen etwa von der A96 im Norden bis Gauting/Buchendorf im Süden reicht. Es macht nur schätzungsweise 3% der reichen Kiesvorkommen im Raum München aus.

Auf Grund der bisherigen Entwicklung des Kiesabbaus im Würmtal, die offenbar auf eine konsequente Ausbeutung des Kiesvorkommens im Umfeld des Firmensitzes abzielt, ist zu erwarten, dass ein Abbau im südlichen Bereich des Lochhamer Schlags erst der Anfang wäre und letztlich zwangsläufig bis zur A 96 fortschreiten würde.

Auf der erst letztes Jahr ausgewiesenen neuen Vorrangfläche von 42 ha im Süden von Planegg und Westen von Neuried wurde von der Fa. Huber die Auskiesung auf 9,5 ha auf Neurieder Grund beantragt. Angesichts des unvermindert anhaltenden Kieshungers ist zu befürchten, dass die Kiesausbeutung im Süden von Planegg – durch den Forst Kasten – über Jahrzehnte stetig weiter voranschreiten wird, wenn nicht grundlegend umgesteuert wird.

Als 1961 der Kiesabbau im Würmtal begann, war Martinsried ein Dorf mit weniger als 100 Einwohnern – heute ist Martinsried ein Ortsteil mit mehr als 4000 Einwohnern. Der Verkehr hat seit damals drastisch zugenommen und mit ihm die Immissionen. Umweltschutz, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit waren noch praktisch unbekannte Begriffe, ganz zu schweigen von Klimaschutz. Waldrodungen waren nichts Besonderes. Seither hat sich aber das Bewusstsein der Menschen gewandelt, immer mehr haben den Wert einer intakten Umwelt für die Lebensqualität erkannt. Der absolute Vorrang, der dem Kiesabbau stets eingeräumt worden ist, kann daher nicht aufrecht erhalten werden, wenn der soziale Frieden bewahrt werden soll. Vielmehr müssen die lokalen Belastungen sorgfältig geprüft und technologische Alternativen berücksichtigt werden.

Diese bestehen zum einen in verstärktem Einsatz von Holz als Baumaterial, wie beispielsweise beim anstehenden Anbau des Feodor-Lynen-Gymnasiums in Planegg.

Ein weiterer wichtiger Baustoff der Zukunft ist Recycling-Beton (R-Beton).

Wir fordern weiterhin die Kieswende!

Wir haben bereits 2019 gefordert (2), auch in einer Petition im Bayrischen Landtag (3), endlich das Kreislaufwirtschaftsgesetz umzusetzen und die in der Schweiz schon 30-jährigen Erfahrungen mit Betonrecycling aus Bauschutt zu berücksichtigen und anzuwenden und haben das „Kieswende“ genannt. Den besten deutschen Experten auf diesem Gebiet, den Bundesumweltpreisträger und Vorzeigeunternehmer Walter Feeß aus Kirchheim/Teck in Baden-Württemberg hatten wir vor zwei Jahren zum Vortrag im Planegger Kupferhaus eingeladen (siehe unsere früheren Beiträge (4-6). Nach Schätzung von Herrn Feeß könnten bereits jetzt trotz unnötiger gesetzlicher Einschränkungen mindestens 30% des Betons durch R-Beton ersetzt werden, der absolut vollwertigen Beton darstellt. Hierzu müssten verkehrsgünstig (7) Recyclingparks wie der von Walter Feeß errichtet werden. 150 Millionen LKW-Kilometer im Jahr könnten nach seiner Schätzung in Deutschland jährlich eingespart werden.

Nach Auskunft aus Architektenkreisen stehen im Raum München viele Gebäude aus den 60-er und 70-er Jahren demnächst zum Abriss an – ein klassischer Fall für „Urban Mining“, die Nutzung der Stadt als Rohstoffquelle.

Es ist zu hoffen, dass der überall zunehmende Widerstand gegen den Kiesabbau letzlich doch Staat und Baustoffindustrie zum Umdenken zwingt. Ein besserer Schutz unserer Wälder, weniger Verkehr und Immissionen, Entlastung der überquellenden Deponien und Schonung unserer Ressourcen wären das Ergebnis.

1.

https://www.umweltatlas.bayern.de/mapapps/resources/apps/lfu_geologie_ftz/index.html?lang=de&layers=service_geo_68

2.

https://gruene-planegg.de/2019/07/16/kieswende-verwendung-von-rc-beton-in-bayern/

3.

https://gruene-planegg.de/2019/07/10/aufruf-zur-kieswende-zum-wohle-a-l-l-e-r-buerger/

4.

https://gruene-planegg.de/2020/02/18/wer-gruen-denkt-sollte-auch-gruen-bauen-walter-feess-deutscher-baustoffrecycling-pionier-bei-uns-zu-gast-im-kupferhaus/

5.

https://gruene-planegg.de/2020/02/18/wer-gruen-denkt-sollte-auch-gruen-bauen-walter-feess-deutscher-baustoffrecycling-pionier-bei-uns-zu-gast-im-kupferhaus/

6.

https://gruene-planegg.de/2020/03/04/pressemitteilung-beton-recycling-statt-waldrodung-fuer-kiesabbau-nachhaltige-kreislaufwirtschaft-veranstaltung-am-3-maerz-2020-1930-im-planegger-kupferhaus/

7.

https://gruene-planegg.de/2019/11/08/1504/

 

 

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